Gamification im Business: Nur Spielerei oder sinnvolles Instrument?

29.10.2023
Lesezeit: 9 Minuten

Erkunde mit uns die fesselnde Gaming-Welt und entdecke, wie Gamification das Marketing neu definiert. Im Talk mit Expertin Jasmin 'JayKays' Karatas enthüllen wir die Magie der Spielmechaniken für Marketer.

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Inhalt auf einen Blick

Inhalt auf einen Blick

  1. Gamification: Was ist das genau?
  2. Die Gamingwelt und die Sexualisierung von Frauen
  3. Vom Game zur Gamification in der Geschäftswelt
  4. Die Schwelle zwischen Gaming und Gambling
  5. Gaming als Triebfeder der digitalen Revolution
  6. Gamifikation in Business: gleichzeitig einfach und kompliziert
  7. Gamification ist konträr zur klassischen UX
  8. Warum ist Gamification für Unternehmen so wichtig?
  9. Mein Fazit zum Thema Gamification im Business

Gamification: Was ist das genau?

Bevor wir in teils prekäre Aspekte der Gamification und des Gamings eintauchen, möchte ich dir erst mal das Konzept hinter diesem Buzzword näherbringen.

Grundsätzlich geht es darum, spieltypische Elemente – also Spielmechaniken, Gamedesign und spielerisches Denken – in ein spielfremdes Umfeld einzufügen. Diese Elemente sind insbesondere das Sammeln von Punkten, Erfahrungsbalken, Storytelling und Ranglisten.

Der Sinn dahinter ist es unter anderem, das Motivationslevel und den Lernerfolg der User:innen zu verstärken. Mittels Gamification lassen sich auch die Datenqualität, die Kundenbindung und somit der ROI (Return on Investment) steigern.

Die spielerische Interaktion motiviert User:innen auf zweifachem Weg. Zum einen setzt man sich bewusst und konzentriert mit Inhalten auseinander, weil man das möchte (intrinsische Motivation). Zum anderen motivieren Belohnung wie Items, Einfluss, Zugang und Status, welche das jeweilige Game bietet (extrinsische Motivation).

Soweit die Basics.

Nun ist es aber auch so, dass Gaming und somit in Konsequenz auch die Gamification einige Schattenseiten haben.

Die Gamingwelt und die Sexualisierung von Frauen

Ein Thema, das mir schon lange auf dem Herzen liegt und immer wieder für reichlich Diskussionsstoff in meinem Bekanntenkreis sorgt. Ich wollte von Jasmin wissen, wie sie das als eingefleischte Zockerin sieht.

Laut ihrer Meinung ist das ein zweischneidiges Schwert. Klar werden Frauen in vielen Computerspielen teils nach allen Regeln des schlechten Geschmacks sexualisiert. Demgegenüber haben nur die wenigsten Männer die Körperstruktur eines Kratos (der Protagonist des Games «God of War», welches Jasmin derzeit leidenschaftlich zockt). Die Sexualisierung geht ihrer Meinung nach in beide Richtungen, wobei die der Männer nur äusserst selten angesprochen wird.

Fakt ist, dass sich die Sexualisierung der Frauen nicht alleine in Games widerspiegelt. Viele Frauen posten nur Fotos auf Instagram, die von Filtern in Szene gesetzt sind. Beides hat nichts mit der Wahrheit zu tun. Wichtig ist es, sich vor Augen zu halten, dass Computerspiele ein Kunstformat darstellen. Und Kunst darf viel. Sie muss auch viel dürfen können, solange die Menschenwürde intakt bleibt.

Dennoch bleibt es ein schwieriges Thema. Dieses übersexualisierte Bild der Frau, das in vielen Games gehypt wird, überträgt sich in die echte Welt. Jasmin "JayKays" Karatas sieht sich in ihren Streams immer wieder mit sexuellen Anspielungen konfrontiert, denen Männern kaum ausgesetzt sind. Ich zumindest wurde noch nicht als FILF tituliert.

Vom Game zur Gamification in der Geschäftswelt

Einmal Zocker:in – immer Zocker:in. Das ist so. Sowohl Jasmin als auch ich haben unsere ersten Games noch auf dem Commodore 64 gespielt. Also noch mit Datasette, Dial-in Modem und verärgerten Müttern, die in der Zeit das Telefon nicht benutzen konnten.

Die Faszination, in die Haut seines Charakters zu schlüpfen, nicht nur eine Story zu sehen, sondern diese aktiv mitzuerleben, das fesselt auf Lebenszeit. Zudem hat das Spielen – beziehungsweise das Gewinnen – einen unbestreitbaren Suchtfaktor.

So ist es kaum verwunderlich, dass sich die Geschäftswelt diese Anziehungskraft zunutze macht. Sei das im Storytelling-Marketing, beim Recruiting, in Assessmentcentern und in vielen anderen Bereichen. Die Gamification ist nicht alleine auf den Computer begrenzt. Denke hier beispielsweise an Spiele, die ein Businessevent auflockern, eine Hochzeitsfeier bereichern oder für mittelschwere bis epische Hangover nach Geburtstagspartys sorgen.

Die Schwelle zwischen Gaming und Gambling

Wie so vieles im Leben wirft auch Gamification ein paar Schatten. Vielleicht kennst du die App «Robinhood», mit der man auch als Kleinverdiener mit Mini-Investments in den Aktienhandel ganz easy einsteigen kann. Die App macht sich Spielmechaniken zunutze, die gezielt die Psyche der User:innen manipuliert. Im Fachjargon ist von «Nudging» oder «Black Head» die Rede.

Die User:innen werden nicht nur durch positives Feedback und Anreize dazu motiviert, mehr Geld zu investieren. «Robinhood» zielt auf die Ängste der User:innen ab. Zum Beispiel eine Mega-Chance zu verpassen (E-Bay-Effekt). Dies führte in der Vergangenheit nicht nur zu etlichen Privatinsolvenzen, sondern auch in tintenschwarze Gemütszustände, die für einige User:innen im Freitod endeten.

Die Gefahr der Spielsucht sollte bei der Gamification immer eine übergeordnete Rolle spielen. Tut es aber oft nicht. So wird der unermessliche Wunsch nach Anerkennung – der in jedem von uns schlummert – auf fast allen Social-Media-Plattformen schamlos kapitalisiert.

Und das ist zum Teil der Grund für den mitunter schlechten Ruf, den Gaming im Allgemeinen hierzulande noch hat. Schade, denn mit dieser Aversion dem Gaming gegenüberstehen wir unserem digitalen Fortschritt auf den Füssen.

Klar lässt sich die mitunter tiefverwurzelte Antipathie älterer Generationen gegen Computerspiele nachvollziehen. Das Argument, dass manche furchtbaren Gewalttaten (vor allem in den USA) durch das Spielen von Ego-Shootern befeuert wurden, lässt sich weder zu 100 % bestätigen noch abstreiten. Und sicherlich lassen sich hier Zusammenhänge knüpfen. Aber deswegen gleich alle Gamer:innen, die gerne Ego-Shooter zocken, in einen Topf zu werfen, das ist völlig daneben.

Jeder Mensch ist anders und unterschiedlich empfänglich.

Gaming als Triebfeder der digitalen Revolution

Japan und Südkorea haben, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der Welt, ein weitaus offeneres Verhältnis zu Computerspielen. Gaming und Gamification sind hier seit Generationen Teil des Alltags. Und dies reflektiert sich erwiesenermassen im digitalen Fortschritt der beiden Länder. Fast alle neuen Trends wie beispielsweise K-Pop (Korean Popular Music) kommen derzeit aus Südkorea. Digitale Transaktionen wie E-Banking sind dort auch bei den Ü-70ern ganz normal.

Gamifikation in Business: gleichzeitig einfach und kompliziert

Laut Jasmin lässt sich Gamification in der Geschäftswelt auf sehr viele Bereiche anwenden. So zum Beispiel im Rahmen der Prozessoptimierung beim Recruiting. Gamification beginnt bereits mit dem Einsatz von Spielmechaniken wie Punkteverteilung, Storytelling im Marketing, Easter Eggs (versteckte Belohnungen) und dergleichen.

Die Richtung, die viele Unternehmen bei der Einführung der Gamification einschlagen, lautet «Game-Like». Hier werden ganze Spiele gebaut, um innerhalb des Unternehmensprozesses gewünschte Ergebnisse zu forcieren. Die Mitarbeitermotivation und/oder -integration, Kundenbindung und/oder Traffic-Generierung sind nur drei von zahlreichen Einsatzgebieten.

Manche Firmen schicken die Bewerber:innen sogar in eigens konzipierte Escape-Rooms, um dort auf spielerische Weise ihre Skills und/oder Teamfähigkeit zu testen. Andere lassen Apps designen, bei denen die Bewerber:innen einen eigenen Charakter erstellen. Dieser führt dann mittels Storytelling, Mini-Quests, etc. durch das Unternehmen und lässt dieses spielerisch erleben.

Jasmin ist überzeugt, dass Gamification besonders im Recruiting sowie im Marketing für jedes Unternehmen ein wertvolles Tool darstellt. Selbst sehr konservative Firmen können mittels subtiler Spielmechaniken viel erreichen. Es geht schliesslich darum, mittels Gamification Erfahrungen beziehungsweise Erlebnisse zu erschaffen.

Gamification ist konträr zur klassischen UX

Für die meisten Nutzer:innen bedeutet eine gute User Experience (UX) schnell an das gewünschte Ziel zu kommen. Auf das Recruiting bezogen wäre das eine leicht auffindbare Unterseite zu öffnen, dort alle benötigten Dokumente hochzuladen, ein paar Kerninformationen zu finden und fertig. UXler und UXlerinnen, die sich mit dem Design solcher Bewerbungsseiten beschäftigen, sind demnach darauf getrimmt, diesen Prozess so gradlinig und schnell durchführbar wie möglich zu gestalten.

Gaming funktioniert völlig anders. Hier werden Herausforderungen eingebaut, Zwischenlevel errichtet und Geschichten erzählt. Gamification macht aus einfach konsumierbaren Apps erlebbare Anwendungen. Durch die Integration spielerischer Elemente in einem spielfremden Kontext bricht man mit vielen, mitunter bewährten Design-Thinking- und UX-Methoden. Gamifikation setzt voraus, dass man über den Tellerrand dieser bewährten Herangehensweisen schaut und nicht die UX, sondern das Erleben und die Interaktion in den Vordergrund stellt.

Natürlich eignet sich die Gamification nicht für jeden Bereich. In deinem Online-Shop möchtest du deine Kunden:innen möglichst schnell und einfach durch den Check-out-Prozess führen. Und nicht kurz vor dem Kaufabschluss mit einem kleinen Mini-Game ablenken.

Warum ist Gamification für Unternehmen so wichtig?

Computerspiele sind mit Abstand das interaktivste Medium in unserer digitalen Welt. Gamification im Marketing und in anderen Geschäftsbereichen bewirkt, dass User:innen aktiv mit dem Unternehmen / den Produkten interagieren und erleben. Laut Jasmin erschaffen Gamedesigner:innen ein gigantisches Medium, welches Erfahrung, Erlebnis, Kommunikation und Interaktivität vereint. Die Wissensbandbreite von Gamedesigner:innen umspannt zig Bereiche: von UI und Storytelling zum Kreieren von UX-Pfaden, Hooks und Engagements bis hin zur Funktionsweise diverser Social-Media-Plattformen und fundierten Kenntnissen der menschlichen Psyche.

Und genau das fasziniert Jasmin. Für sie ist Gamification das ultimative Tool, mit dem sich Erfahrungen bauen und Emotionen wecken lassen. Die Gamifizierung ist somit in fast allen Geschäftsbereichen einsetzbar. Allen voran HR, PR und Marketing.

Ein genialer Ansatz – den Jasmin ihren Kunden:innen gerade im Marketing präsentiert – ist es, nicht nur eine Kampagne zu gamifizieren, sondern die komplette Marketingstrategie über einen längeren Zeitraum hinweg. So bleibt es für die Zielgruppe fortlaufend interessant, sich mit deinem Produkt oder deiner Firma auseinanderzusetzen.

Mein Fazit zum Thema Gamification im Business

Zunächst einmal ist mir während des Podcasts mit Jasmin ‘JayKays’ Karatas klar geworden, dass es sich über Games und Gamification stunden-, wenn nicht tagelang quatschen lässt. Ein Thema mit zig Level.

Dass die Inklusion von spielerischen Elementen in einem spielfremden Kontext für Unternehmen absolut gewinnbringend ist, das kann nicht abgestritten werden. Sei dies im Assessmentcenter, im Marketing, beim Recruiting oder in fast jedem anderen Geschäftsbereich. Gamification baut Erlebnisse, weckt Emotionen, bietet Learnings und erschafft eine Bindung zum Unternehmen, der Brand und/oder dem Produkt.

Und klar: Games und Gamification haben Schattenseiten, mit denen man offen und ehrlich umgehen muss.

Für mich ist das Thema Gamification nicht abgeschlossen. Im Gegenteil. Ich habe Bock darauf, noch mehr von Jasmin zu erfahren, und spiele mit dem Gedanken, einen Follow-up-Podcast mit dem Fokus auf Twitch-Streaming und Jasmins Gamification Methode zu machen.

Was hältst du von der Idee? Deine Antwort dazu, deine Fragen zu Gamification und dein Input zum Thema finden auf allen BEYONDER-KANÄLEN Platz. Ich freue mich schon darauf.

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